Said Rubaii: "Im Männermarkt kommen mehr Luxus und mehr Unisex!"

Quo vadis Männerszene? Nach dem mega Boom der vergangenen Jahre scheinen Barbershops gefühlt kein richtiges Thema mehr zu sein. Wo sind sie hin? Und was kommt an ihrer Stelle? Und: Nimmt die Bedeutung der Männer als Friseurkunden etwa wieder ab? Diese Fragen hat Daniela Hamburger mit einem diskutiert, der es wissen muss: Said Rubaii, Männerexperte aus Berlin, Top-Stylist, Saloninhaber und German Hairdressing Awards-Gewinner in der Kategorie “Männer”.

„Der Trend geht dahin, dass der erfolgreiche Barbershop deutlich exklusiver wird.“

Said, Du giltst als einer von Deutschlands führenden Männerprofis. Wie nimmst Du die derzeitige Entwicklung der Barber- und Männerszene wahr?

Es ist sehr unterschiedlich. Die vielen einfachen Barbershops, die vor einigen Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen sind, nehme ich tatsächlich weniger wahr. Oftmals schließen sie nach einer kurzen Zeit wieder. Dennoch sind sie im Straßenbild immer noch zu sehen und werden zu einer gewissen Zahl wohl dort auch bleiben.

Saids stylischer Salon in Berlin setzt auf Unisex.
Saids stylischer Salon in Berlin setzt auf Unisex.
Kennt & erkennt die Strömungen im Männermarkt: Friseurunternehmer und Trend-Experte Said Rubiaii
Kennt & erkennt die Strömungen im Männermarkt: 
Friseurunternehmer und Trend-Experte Said Rubiaii                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    

Andererseits geht der Trend dahin, dass es zunehmend luxuriöse Herrensalons gibt, die wirklich superexklusiv sind. Hier geht es um den Rundum-Service, bei dem der Mann im Fokus steht. Gerade hier in Berlin gibt es einige Stores, die ich megaschön finde. Die funktionieren auch ziemlich gut, weil sie wissen, was sie konzeptionell tun müssen, um interessant für die Männer zu sein. Dabei ist schon der erste Eindruck entscheidend: Was passiert, wenn der Kunde reinkommt, wie sieht das Interieur aus, wo ist der Standort, wie sind die Friseure gekleidet? Klar, auch das Segment ist schwierig und umkämpft. Aber insgesamt bewegt sich der Trend doch langsam dahin, dass der erfolgreiche Barbershop deutlich exklusiver wird.

Wohin entwickelt sich der Männermarkt insgesamt aus Deiner Sicht?

Männer als Kunden entwickeln sich in ihrer Bedeutsamkeit nicht zurück. Ganz im Gegenteil: Sie werden sogar noch wichtiger. Das merkt man z. B. an den vielen Kosmetikbrands, die es mittlerweile für Männer gibt. Es ist extrem, wie das Pflegesegment in diesem Bereich gewachsen ist. Was für den Salon mit Sicherheit eine Tendenz ist, ist, dass manche Friseurdienstleistungen nicht mehr „typisch Mann“ oder „typisch Frau“ sind – es bewegt sich deutlich was Richtung Unisex. Früher war es ja ein Tabu, dass Männer sich die Haare färben oder die Grauen kaschieren lassen. Heute tragen Männer blondierte Haare, rosa Haare, unterschiedliche Farben, Hairtattoos usw.  Da ist die Entwicklung enorm. Auch graue Haare im Bart werden heute kaschiert.

„Es gibt die Tendenz, dass manche Friseurdienstleistungen nicht mehr „typisch Mann“ oder „typisch Frau“ sind – es bewegt sich deutlich was Richtung Unisex.“

Ist das Potenzial bei Herrensalons denn aus Deiner Sicht ausgereizt?

Das würde ich nicht sagen, es gibt auch hier noch Wachstumspotenzial. Das hat aber etwas mit dem Konzept zu tun. Egal, ob man einen speziellen Herrensalon hat oder einen Salon, der alle Geschlechter anspricht: Der Erfolg hängt von einem durchdachten, konsequenten und stimmigen Konzept ab.

Davon, wie man die Kund*innen, die man gerne haben möchte, anspricht und was man für sein Business tut. Wenn man stehenbleibt und sich nicht weiterentwickelt, droht bei allen das Aus – auch für den Herrensalon.

In den vergangenen Jahren gibt es (bei insgesamt mauen Azubizahlen) dennoch erfreulicherweise wieder mehr männliche Azubis. Worauf führst Du diese Entwicklung zurück?

Das kann schon mit dem Erfolg von Barbershops zusammenhängen. Durchaus möglich, dass der eine oder andere sagt: „Ich mache eine Friseurausbildung und gehe danach in einen Barbershop, bzw. eröffne selbst einen Barbershop.“

Bei mir persönlich sehe ich das allerdings tatsächlich weniger. Wir haben genug Bewerbungen um Ausbildungsstellen – von männlichen wie weiblichen Bewerbern. Bei uns lernen definitiv nicht mehr männliche Azubis als früher und sie „verschwinden“ nach ihrer Ausbildung auch nicht in Barbershops.

„Wenn man stehenbleibt und sich nicht weiterentwickelt, droht bei allen das Aus – auch für den Herrensalon.“

Thema Mode: Welche drei Top-Trends siehst du derzeit bei den Männern?

  1. Hairtattoos und Farbe: Die einrasierten Muster werden immer öfter nachgefragt. Dazu kommt Blond als großes Thema, ergänzt durch Pastelltöne wie Rosé. Aber auch kräftige Farben wie Blau und Grün sind absolut angesagt. Durch die Musikbranche geht hier richtig was. Künstler wie Frank Ocean mit seinen pinken Haaren sind da mega einflussreich.
  2. Der Mullet: Und zwar in allen verschiedenen Varianten: an den Seiten mit einem Fade oder stärker texturiert und strukturiert geschnitten.
  3. Der komplette Fade-Bereich: die Seiten ziemlich kurz und im Deckhaarbereich entweder als Buzz-Cut oder mit mehr Struktur oder in Variation z. B. mit Curls. Die sind auch ein riesiges Thema, gerade bei den jüngeren Kunden. Die Dauerwelle kommt also in den Herrensalon zurück.

„Wenn krassere Fades gefragt sind, muss man zur Maschine greifen!“

Hand aufs Herz: Ist ein Haarschnitt nur dann gut, wenn er mit der Schere geschnitten ist?

Das würde ich so nicht unterschreiben. Mit Schere über Kamm gut zu arbeiten, gehört zwar zu unserem Handwerk, das sollte jede*r Friseur*in können. Einen klassischen Fassonschnitt mit der Schere schneiden zu können,
ist für mich das A und O.

Aber wenn krassere Fades gefragt sind, muss man zur Maschine greifen! Auch in diesem Bereich ist Perfektionismus gefragt, denn extrem kurze Haare und Übergänge offenbaren jede Kante.

Letzte Frage: Warum haben eigentlich manche Männerprofis eine regelrecht sinnliche Beziehung zu ihrem Clipper? Kannst du das erklären?

Ich glaube, es geht weniger um die „sinnliche Liebe“ zu einer Maschine als vielmehr um Professionalität. Friseur*innen, die professionell arbeiten, sind sehr, sehr eigen mit ihren Tools. Ich hasse es, wenn jemand anders mein Werkzeug benutzt. Jeder muss das Werkzeug, mit dem er tagtäglich arbeitet, wertschätzen und sehr respektvoll mit diesen Dingen umgehen. Dazu gehört, sie sauber zu halten, zu checken, ob sie noch einwandfrei funktionieren, die Maschinen zu ölen usw. Für mich ist das einfach Leidenschaft fürs Handwerk.


Lieblingstools sind Lovestories

Leidenschaft ist das beste Werkzeug. Direkt danach kommt der Lieblings-Clipper. Wie kaum ein anderes Handwerk ist das Friseurhandwerk von Liebe, Leidenschaft und Kreativität erfüllt. Haare zu schneiden, sie zu modellieren und Menschen dabei zu unterstützen, ihr eigenes ICH strahlend nach außen zu zeigen – nichts ist schöner als das!

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